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Back 06.09.2011   Südwest Presse

Salve, Salagon!
Streichquartett der Sonderklasse [eröffnet Geistliche Konzertreihe]
Geistliche Konzerte mit Streichquartett der Sonderklasse
Mössingen. Ein Glücksfall für die Reihe der „Geistlichen Konzerte“ war am Sonntagabend der Auftritt des Salagon Quartetts mit der aus Mössingen stammenden Primgeigerin Christine Busch. In die für Kammermusik nicht gerade prädestinierte Akustik der Peter-und-Paulskirche fühlten sich die Vier vorzüglich ein und nahmen nahezu zweihundert Zuhörer mit auf eine Entdeckungsfahrt zu Streichquartetten von Haydn bis Schubert. Der gute Besuch könnte Hinweis für die Große Kreisstadt sein, mit lokal verwurzelten, überregional herausragenden Künstlern regelmäßig Konzerte in der kammermusikalisch erprobten Quenstedt-Aula zu wagen.

Wie aus dem Nichts entwickelte Salagon den Beginn von Mozarts 1789 entstandenem D-Dur-Quartett, feinste Piano-Nuancen formen das Hauptthema mit einer souverän führenden, jedoch dezidiert nicht im Vordergrund stehenden Christine Busch. Die in Barock und Klassik übliche vibratoarme Spielweise auf historischen Instrumenten sorgt darüber hinaus für kostbarste klangliche Verschmelzung und diskrete Durchsichtigkeit, vor allem bei derart idealer Intonation. Aufblühend die Überleitung zum Seitenthema, ausgewogen ohne jede Schärfe auch im Forte, ein intelligentes Spiel mit den Gegensätzen hin zum zupackenden Violoncello (Gesine Queyras).

Geistesgegenwärtig aufmerksam die Übergänge, mit lebendig packend gestalteter Agogik, dabei das Grundtempo sicher im Blick, durften sich dem Anspruch der Gattung gemäß die Stimmen nahezu gleichberechtigt entfalten, bei solistischen Passagen ist stets der dichte Gesamtklang des Quartetts präsent. Beabsichtigte Brüche in der Komposition werden zu Reflexionszentren, drängen weiter zum nächsten Gedanken, der dadurch umso intensiver erlebt wird. So die Melodieführung der zweiten Geige (Lisa Immer) oder die kleine, organisch wachsende Stretta am Ende des ersten Satzes mit sensibel synchron ausgehorchtem Duett von Viola (Sebastian Wohlfarth) und Cello.

Das in derselben Tonart stehende Quartett von Joseph Haydn, acht Jahre nach Mozarts Werk komponiert, erhielt ob seines Presto-Finales mit spritzigen Auftakt-Verzierungen, folkloristisch angehauchter Melodik, Beethovenschen Ausbrüchen und virtuoser Dramatik gesteigerten Applaus. Kurz vor der Konzertpause das Extra-Bonbon: unvermittelt ein Takt weiche Legato-Artikulation zwischen wirbelndem Furor.

Mit Schuberts Rosamunde-Quartett, 27 Jahre nach dem Haydn-Quartett entstanden, öffnete Salagon, das sich nach einem südfranzösischen Kloster und Festivalort benannt hat, die Tür zu romantischer Exegese der noch erstaunlich spätklassischen Formensprache. Über lange Strecken fein dosiert aufgebaute Spannungsbögen, nervöse Entladung nach vermindertem Septakkord, psychologisch differenzierte Charakterveränderungen der Episoden, bedeutsames Ausleuchten jedes Melodietons, rätselhaft rhythmisierter Beginn des (eigentlich schon etwas obsoleten) Menuetts, filigranes Fugato und Mondlicht-Harmonik im letzten Satz ließen die Zeit stillstehen. So waren zweieinhalb Stunden vergangen, als nach begeistertem Beifall Haydns Largo als Nachtgebet-Zugabe verklang.

Alfred Gloger

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