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Back 06.10.2014   kulturradio rbb

Salagon Quartett spielt Haydn und Schubert
Schöne Melancholie mit sanften und warmen Tönen
Im Juni 1797 schrieb der musikbegeisterte schwedische Diplomat Frederik Samuel Silverstolpe aus Wien in einem Brief an seine Eltern: "Vor einigen Tagen war ich wieder bei Haydn, der jetzt gleich neben mir wohnt. Bei dieser Gelegenheit spielte er mir auf dem Clavier vor, Violinquartette, die ein Graf Erdödi für 100 Ducaten bei ihm bestellt hat und die erst nach einer gewissen Anzahl von Jahren gedruckt werden dürfen. Diese sind mehr als meisterhaft und voll neuer Gedanken."

Melancholische Werke

Silverstolpe hörte eine exklusive "Voraufführung" von Haydns letzter großer Streichquartett-Sammlung op. 76, die der 65-jährige Komponist für gutes Geld exklusiv anfertigte. Zwei Jahre lang hatte sich der ungarische Hofkanzler Joseph Erdödy sämtliche Aufführungsrechte erkauft, erst nach dieser Frist wurden die Werke gedruckt – und zu einem Riesenerfolg. Jedes der sechs Stücke ist auf seine Weise originell; im Mittelpunkt des Quartetts D-Dur steht der ergreifende Largo-Satz, der sich mit feierlicher Melancholie über die drei wesentlich kürzeren weiteren Sätze erhebt.

Reichlich zwei Jahrzehnte später komponierte Franz Schubert in Wien sein Streichquartett a-Moll D 804, das freilich längst nicht einen solchen Erfolg wie Haydns späte Sammlung erreichte. Da Schubert im zweiten Satz ein eingängiges Thema aus seiner Schauspielmusik Rosamunde verwendet hat, erhielt das Quartett diesen Beinamen. Melancholie findet sich aber nicht nur in diesem Satz, sondern im gesamten Werk, etwa in dem nachdenklichen Menuett, aber auch in den Rahmensätzen. Auf diese Weise stellt sich eine ziemlich direkte Verwandtschaft zum Largo aus Haydns D-Dur-Quartet op. 76 Nr. 5 her.

Sanft und virtuos umgesetzt
Diesen Gedanken verfolgte wohl auch das Salagon Quartett auf seiner neuesten CD, indem es diese beiden großartigen Werke miteinander verband. Das Quartett musiziert auf klassischem Instrumentarium und mit großer Erfahrung in der historischen Aufführungspraxis. Das ergibt insbesondere in den langsamen Sätzen ein fantastisches Klangbild: Es überwiegen dank Darmsaiten und klassischen Bögen die sanften und warmen Töne. Es ist eine schöne Melancholie, die hier entsteht, bei allem Ernst und aller Leidenschaft. Faszinierend ist hier auch die Durchhörbarkeit und Klarheit der vier Stimmen, nicht nur in den kontrapunktischen Passagen. Genussvoll werden die immer wieder überraschend verlaufenden Harmonien zusammengestellt und ausgekostet. Die jeweils recht virtuosen Schlusssätze der beiden Quartette meistert das Salagon Quartett ebenfalls sehr gut, es entsteht hier bei dem sanft eingestellten Instrumentarium ein elfenhafter Klang.

Bernhard Schrammek, kulturradio
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